AA ist ein 12-StepProgramm,
mit dem man trocken werden kann,
doch Nüchternheit ist Ziel & Zier,
man kommt nicht weiter ohne ihr.
http://www.anonyme-alkoholiker.de/
Anonyme Alkoholiker - Eine retrospektive Betrachtung
AA und die 12 Schritte sind eine gute Sache und - auch wenn ich in der Folge das Gegenteil zu behaupten scheine - jedem zu empfehlen, der massive Probleme mit Alkohol hat. Charly Sheen hat unrecht, wenn er sagt, bei den AAs hätten nur 5% der Leute eine Chance trocken zu werden. Meines Erachtens verwechselt er da was: Nicht bei den AA, sondern ganz allgemein schaffen es 5 % der Alkoholiker, vom Alkohol dauerhaft wegzukommen. Wieviele es bei den AA sind, weiss ich nicht genau, aber aus meiner AA-Zeit weiss ich, dass es eine ganze Menge waren.
Dennoch: Bei den AA kann man trocken werden, aber m. E. nicht wirklich geheilt im AA-Sinne von "nüchtern". Auch die AA sind oder waren damals ein patr. Männerverein und daher in erster Linie für Saufbrüder geeignet und für Frauen eher kontraindiziert. Die Kerle machten mir das Leben echt schwer...
Als ich nach fast 10 Jahren die AA verliess, definierte ich mich als "geheilt". Für mich stand fest, dass ich mich von der Gruppe emanzipiert hatte. Nicht in ihren Augen. Denn einer der Glaubenssätze der betonverkopften dogmatischen AA-Fundis lautete: jeder, der den "Tisch" verläßt, wird rückfällig - ein Dogma, eine Strafangst, wie sie jede Sekte verbreitet: Wenn du uns verlässt, wirst du untergehen und rückfällig (=des Teufels sein, in die Hölle kommen usw.) Das heisst, wer geht, wird im Grunde "exkommuniziert". Mit solchen Drohungen wird eine lebenslange Abhängigkeit vom "Tisch" zementiert - eine Abhängigkeit, die gutgeheißen wird und nie hinterfragt werden darf.
Heilung erfuhr ich nicht durch AA, sondern trotz AA. Wie immer ging ich meinen eigenen Weg, folgte ich - nach fast 10 Jahren (Zuge-)Hörigkeit - meiner inneren Stimme und nicht den Direktiven, Vorgaben und Dogmen ihrer 12 Schritte. Für mich war AA die beste Therapieplattform. Fast 10 Jahre kotzte ich mich hemmungslos aus. Sehr zum Unwillen der Zementköpfe,die mich immer wieder zur Räson bringen wollten: AA ist keine GruppenTherapie, hier geht es um Alkohol! - wenn ich mal wieder detailiert aus meiner schmerzhaften Vergangenheit, von Mißhandlung, Mißbrauch oder einer unerträglichen Gegenwart usw. berichtete.
Lange Zeit blieb mir verborgen, w a r u m manche mir beim Thema Mißhandlung/-brauch immer wieder den Mund verbieten wollten. Irgendwann kam mir die Erleuchtung: Der, der mir das Wort verbieten will, ist entweder selbst Opfer oder Täter. Diejenigen, die beifällig dazu nickten, gehörten alle in die Kategorie der Verheimlicher, der chronischen Verdränger. Ich begann die von ihnen gepriesene "Ehrlichkeit zu sich selbst" anzuzuweifeln und vieles andere mehr, was man mir dort zum "Verzehr" vorsetzte...)
Ehrlichkeit gegenüber sich selbst fing bei AA mit dem Alkohol an und endete mit dem Thema Alkohol (AA-Betonkopf zu mir: Wir sind hier keine Therapieeinrichtung!!!)
Am "Tisch" liess ich ALLES raus, alles, was mich bewegte legte ich auf den "Tisch": Ich weinte, schrie und lachte mich jahrlang "rekapitulierend" durch meine ganze Vergangenheit, bis ich in der Gegenwart, am "Tisch" selbst ankam und anfing, alle AA-Dogmen zu zerfleddern, die 12 Schritte in Frage zu stellen, um sie schliesslich in ihrer praktischen "Mach-Art" und Anwendung als schwarzautoritäre patriarchale Unterdrückungsinstrumente zu outen; 12 Schritte, die zwar zur Trockenheit führen können, aber psychologisch keine Freien Menschen, keine Freien Denker aus uns machen, sondern Brave Mädchen & Brave Jungs.
Nur um eines klarzustellen: Die absolute Ehrlichkeit und Offenheit, mit der ich über all die Jahre fast täglich über mich sprach ist mir ganz gewiss nicht leicht gefallen. Auch wenn ich mich in alles einließ, war dabei doch immer auch sehr viel Angst zu überwinden, besonders bei starkem Gruppendruck; bei AA erlebte ich diesen Gruppendruck besonders massiv; auch hier hatte ich, in dem Bemühen, meine eigene Stimme und Stärke zu finden sehr große innere und äussere Widerstände zu überwinden, eine Überwindung, die mir später die Kraft und Klarheit gab, nicht nur die eigenen, sondern auch die unterdrückerischen AA-Strukturen zu benennen und anzugehen.
Zuletzt warf ich jeden ismus, auch das Krankheitskonzept des Alkoholismus über den Haufen (Zusammen mit meinem Rheumatismus. Damals wusste ich noch nicht, dass es nicht um die DesIdentifikation mit einzelnen Krankheiten ging, sondern um die Desidentifkation des gesamten Gegensatzpaares Krankheit-Gesundheit)
Gegen Ende hörte ich mit sämtlichen AA-Ritualen auf, u.a. auch den den angelernten Phrasen . Ich fiel aus allen Rollenvorgaben. Bei Wortmeldungen stellte ich mich u.a. nicht mehr mit der üblichen Phrase vor. Ich heisse Monika, Ich bin ALkoholikerin. Das war zu Anfang sehr angsterregend...
Ich hatte auch bei AA keine wirklichen Freunde. Ich warf dem "Tisch" die pure Heuchelei vor: AA-Freundschaft sei "Freundschaft" auf Verschreibung, per dekret und die "Liebe", die sich anmassen, zu geben, sei nichts weiter als Firmenzugehörigkeitswärme.
Klar machte ich mir damit keine Freunde bei den Frommen Hänsen und Helenen. Selbstkritik gabs nicht. Das Thematisieren der offensichtlichen sektiererischen Trennung in Alkis und Normies, des elitären Bewusstseins des trockenen Alkoholikers bzw. des Fundis, der sich moralisch höher wertete als ein ganz normaler Alk-Trinker... die permanenten Lagerspaltungen innerhalb der Gruppe - war nicht möglich.
Sich privat mit AA's einzulassen, war gefährlich, wie ich schon erwähnte: Ich habe schnell gemerkt, dass sich die viel gerühmte Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen nur auf den "Tisch" selbst bezog bzw. beschränkte sich die Ehrlichkeit bei den meisten auf das mehr oder minder ehrliche Besprechen des Themas Alkohol in der Vergangenheit. Am "Tisch" so merkte ich bald, wurde heile Welt-Theater gespielt. Hinter den "Tisch"-Kulissen aber waren oft Dinge im Gange, wie sie bösartiger und desaströser nicht sein können.
Für mich stand fest: Kaum jemand von den Fundis hatte wirklich kapituliert, sie waren durch die Bank immer noch süchtig, hatten nur den Stoff gewechselt.
Was vielen von ihnen früher der Stammtisch war, war ihnen nun "Der Tisch". Der Rechtschaffenheitsvirus hatte sie am Wickel, das Moralin, das "System". Die ehemals bösen Buben konvertierten zum typischen Gutmenschen. Moralinsaure Perma-Empörungsbereitschaft, krankhaftes SchwarzWeiss-Denken beherrschten den "Tisch".
Ich spreche ganz bewusst von "ihnen" statt "wir", denn das weiss ich mit Sicherheit: diese rechtschaffenheitsversüffelte Täterstruktur hatte ich nicht internalisiert. Ich war vielmehr von Kindheit an Opfer dieser schwarzpädagogischen Struktur des "PösenPädagogen", wäre es anders, wäre ich zum Täter geworden. Besser und anders gesagt: Ich hatte sehr wohl die schwarze Pädagogik internalisiert, allerdings wurde ich als Opfer nur deshalb nicht zum Täter an anderen Menschen, weil ich die Peitsche gegen mich selbst richtete.
Diese ekle Rechtschaffenheitsneurose ist mir also nicht ganz fremd. Auch dadurch, dass ich mehr oder weniger bewusst durch den Quadranten der 4 grundlegenden Ängste und Neurosen tobte, (der Zwangsneurose/Hysterie/Depression/ Schizoidie ist mir gar nichts Menschliches mehr fremd. Siehe Fritz Riemann: Die 4 Formen der Angst.) Jeder Mensch, der durch die Prozesse der Individuation geht, "tobt" sich durch dieses Quadrat, anders ist Transformation nicht möglich.
Das patr. Bewusstsein ist "Der Macher". Der Programm-Macher. DAss das 12 Schritte-Programm - wie es sich tatsächlich auch nennt - auch hier zum Dogma und zu einer moralitären Arbeit wurde, die ge m a c h t werden könne, ist wie immer dem patr. Bewusstsein zu verdanken. Jede Dogmatisierung macht aus lebendigem Geschehen etwas Totes. Aus Kapitulation und Hingabe macht der Macher ein Programm. Einen Kampf g e g e n ... Jede Heilmassnahme w i r d in dieser Sicht zu der Krankheit, die sie eigentlich bekämpfen will.
Krankheit als Chance:
Heilung heisst Heilung von seelischer Blindheit, seelischer Taubheit und seelischer Lähmung. Und so fand ich bei AA bzw. t r o t z AA zu meiner eigenen Stimme, lernte, mit eigenen Augen zu sehen und auf eigenen Beinen zu stehen.
In diesem Sinne wurde mir AA (AA als die Krankheit, die sie zu heilen verspricht!) - doch auch zur Chance.
Jetzt im rückblickenden Nachhinein sehe ich, dass ich dadurch, dass ich mich (wehrlos) in alles einlassen musste, weil ich unfähig war, mich abzugrenzen und Nein zu sagen, immer auch die Chance ergriff und die Stärke entwickelte, die in der Schwäche lag.
Nochmal: die 12 Schritte kann man nicht m a c h e n , auch nicht zum Programm. Genauso wenig wie man die 5 Sterbephasen m a c h e n kann. (Kübler-Ross)Alles, was man tun kann, ist bereit zu sein.
Der "Erste Affe", der durch wahre Kapitulation & wahre Hingabe von seinem Alkoholismus "getrocknet" wurde, hat - wie es üblich ist bei allen Religions- und Sektengründern - , aus einem ehemals lebendigen Prozess ein Heilsprogramm, eine "fixative" Lehre daraus gemacht.
So arbeitet der programmierende und kontrollierende EgoVerstand, das patr. (männliche) Bewusstsein. Im Gegensatz zur Fixierung und zum Machen des männlichen patr. Bewusstseins steht der Prozess, das (weibliche) Geschehenlassen in der Hingabe im Aufgeben von Kontrolle und Machenwollens. Kapitulation ist Aufgeben von Kampf und Herrschaftsausübung.
AA hat seine Daseinsberechtigung als Trockenlegungs-Programm. Heilung ist jedoch nicht möglich , weil die Strukturen im Programm selbst liegen, die Heilung verhindert.
Solange AA eine Kampfgemeinschaft ist , die gemeinsam gegen das Böse, den "Teufel Alkohol" kämpft, kann von Spiritualität nicht die Rede sein. Die Double-Bind-Struktur, die einerseits darin zu sehen ist, dass man sich immerzu auf Gott beruft, aber andererseits bzw. gleichzeitig Agnostizismus für sich beansprucht, bewirkt m. E. auch dieses seltsame ausserirdische Gerüchle von agnostischer Sektenhaftigkeit, was ein gestandner AA-ler für sog. Normalos ausdünstet.
Wirkliche Heilung - Befreiung, Erlösung, Erleuchtung, das "Heil" - ist aber erst dort möglich, wo jeder Kampf aufhört.
Heilung heisst nicht, den SuchtStoff lebenslänglich zu meiden, Heilung heisst, das Kind in sich, die verdrängten Gefühle, den Schatten zu befreien. Wer das Kind in sich befreit hat, ist von jedem Zwang, jedem Ismus und jeder Sucht befreit. AA ermöglichte mir konträr zu seinen dogmatischen Glaubenssätzen die Heilung und Befreiung des Inneren Kindes.
Solcherart von allen bösen Skrupelgeistern befreit nahm ich damals - an einem schönen Sommertag im Jahre 1998 - nach fast 10 Jahren meinen Abschied von den AA.
Wie immer mit Papier und Bleistift bewaffnet feierte und dokumentierte ich anschliessend meinen ersten und für eine lange Zeit letzten Rück-Vorfall mit einer Flasche guten Sekts.
Hi - ich heisse Monika!
1. Schritt der Anonymen ALkoholiker
Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind - und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
2. Schritt
Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann. ZitatEnde
Diese beiden "Schritte" beinhalten das, was der Anonyme Alkoholiker mit "Kapitulation" meint. Diese Kapitulation ist notwendig, um die Heilung anzukurbeln. Der AA versteht meist darunter, zu erkennen, dass er nicht der Meister seines Lebens ist.
Leider verstanden die meisten unter "Leben" die sog. Realität unter der Fuchtel des Bruttosozialproduktes. Das Leben nicht mehr meistern zu können, hiess, nicht mehr für sich und die Familie sorgen, den Beruf nicht mehr "meistern" zu können - alles Angepasstheiten an die äussere soziale Wirklichkeit. Der AA-Fundi schien sein weiteres knochentrockenes Leben lang streng darauf bedacht, niemals wieder aus der hart erkämpften sozialen Rolle zu fallen.
Unter "geistiger" Gesundheit versteht also der gemeine Alki meist, genügend KlarVerstand und Kraft zur Bewältigung des Alltags zu haben - yop, dazu reicht es aus, trocken zu bleiben...
Aber: Erst die wahre Kapitulation als wirkliche Hingabe des eigenen Willens bewirkt Heilung u n d Heil - GEISTige Gesundheit im Sinne von transpersonaler "Nüchternheit". Wahre Kapitulation heisst, seinen eigenwilligen EgoVerstand ganz grundsätzlich nicht mehr als Meister, sondern als Diener zu betrachten, aber nicht im Dienste am Bruttosozialprodukt, sondern im Dienste an "Gott"/SELBST. (Die "Höhere Macht", wie der AA sie versteht und an die er sich hingibt, ist der "Tisch".
Manche Alkoholiker haben sog. religiöse Erfahrungen in dieser Hingabe, diesem Loslassen. Das sind diejenigen, die die grösste Chance zur Heilung haben. Aber auch spirituelle Erfahrungen haben leider die Neigung mit der Zeit zu verblassen, da ist mancher ganz schnell wieder an die "Galeere" des "Systems" verhaftet und geheftet.Viele der Mitglieder schlossen sich wieder an die christlichen Kirchen an.
Es ist komisch: Bei den AA war man überzeugt, einmal Alki immer Alki. Ich kann mich noch erinnern, wie ein Aufschrei durch den "Tisch" ging, als eine Frau bekanntgab, dass der Bioenergetiker XY ihr gegenüber behauptet hatte, dass man über Bioenergetische Übungen und Innere-Kind-Befreiung jede Sucht überwinden könne und dass auch ein ehemaliger Alkoholiker wieder normal trinken könne... Ooooh - da krachte es aber im Karton!
Das Komische: Genau das tat ich bei den AA! Ich überwand die Sucht als "Krankheit"! (Wieso nur erinnert mich das wieder an den Tesseract???)
All das, was ich in all den Jahren bei AA gemacht habe, läßt sich nämlich in die Rubrik der Inneren-Kind-Arbeit einordnen. Dadurch, dass ich mich den inneren sowie den teilweise massiven äusseren Widerständen nicht beugte und mir bei AA die Plattform schuf, die m i r gefiel , dass ich mich nicht den Vorgaben der Betonköpfe anpasste und nicht nur über Alkohol und die alkoholische Vergangenheit sprach - dadurch wurde genau das wahr und möglich, was sie so vehement abstreiten: Heilung von der Sucht im ganzen, so dass ich heute bei geselligen Anlässen, wenn ich will, wieder normal trinken kann, selten aber Lust dazu verspüre.
Aber Vorsicht! Im Umkehrschluss funktioniert das nicht: Innere-Kind-Befreiung "macht" man nicht, um wieder Alkohol trinken zu können, LOL!
(Entwurf aus 2013)